Preisträger 2020
"Christliche Krankenhaushilfe im St. Josef-Stift"
Text der Laudatio:
seit 2006 verleiht der Verein „Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst e.V.“ eine Plakette, entsprechend seiner Satzung „als öffentliche Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement für Versöhnung, Toleranz und ein friedliches Miteinander“. Die Pla-kette ist benannt nach dem Bildhauer und Sendenhorster Ehrenbürger Bernhard Kleinhans. Gestaltet wird sie als Unikat von seinem Sohn Basilius Kleinhans, dem wir bei dieser Gelegenheit wieder einmal ganz herzlich für seine Unterstützung danken.
Wer in Sendenhorst oder Albersloh oder in der nahen Region nach solch einem „bürgerschaftlichen Engagement“ sucht, stößt auf eine erstaunliche, bewundernswerte Vielfalt von einzelnen Personen, von Gruppen, Verbänden und Initiativen. Wir erinnern an die Empfänger der bisher verliehenen Plaketten: Die Tschernobyl-Aktion Albersloh, der Deutsch-Ausländische Freundeskreis, die Aktion „Kinder helfen Kindern“, Bi-schof Martin Happe, die Schulpartnerschaft der Realschule St. Martin, das Ehepaar Book, die Aktion „Nyang´oma“, die Kindergruppe Sendenhorst, die Aktion „Freiwilliges Soziales Jahr“, die Laumann Stiftung, Herrn Hans Pollok, das Ehepaar Omland, die Aktion „Beweggründe“, das Albersloher Sozialzentrum „Gasthof Fels“.
Und nun: Wer wird in diesem Jahr geehrt?
Wer von uns geht schon gerne als Patient ins Krankenhaus? Man hat vielleicht Angst vor der Behandlung, kommt bereits mit Schmerzen oder fürchtet sich vor bislang unerkannten Ergebnissen von Untersuchungen. Was oder wer wird einem dort begeg-nen? Man geht durch die Eingangstür, weiß vielleicht noch gar nicht richtig, wo man hin gehen soll, sieht sich einer fremden Welt ausgesetzt, deren Gesetze und Regeln jetzt das eigene Leben für ein paar Tage oder Wochen bestimmen werden. Und hier macht es einen Riesenunterschied, ob mir am Eingang jemand freundlich entgegenkommt oder ob man sich allein im unbekannten Apparat zurechtfinden muss.
Die meisten unter ihnen werden sich bestimmt an den 13. März 2013 erinnern:
"Brüder und Schwestern, guten Abend"
Das waren die ersten ruhigen und von einem kleinen Lächeln begleiteten Worte des neuen Papstes Franziskus. Er war kein Favorit für die Nachfolge Benedikt XVI. gewesen, und nur die wenigsten werden sein Gesicht schon vorher gut gekannt haben. Dennoch: Als Franziskus seinen allerersten Satz vor der Weltöffentlichkeit beendet hatte, war das Urteil über ihn, den neuen Papst, in den Beobachtern bereits gefallen. Für einen ersten Eindruck braucht es nach den Erkenntnissen der Psychologie nur wenige Sekunden – und er ist nicht selten korrekt, wie Studien zeigen. Begegnen sich zwei Menschen, entscheiden oft die ersten Sekunden über Sympathie oder Antipathie.
Die evangelische Kirche und ihre Krankenhäuser haben das schon in den 60er Jahren zum Thema gemacht. Angeregt vom ehrenamtlichen Dienst des „Volunteer Service“ in den USA gründete Brigitte Schröder 1969 in Düsseldorf die Organisation der Evangelischen Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe. Ihre Markenzeichen wurden grüne Kit-tel: Die „Grünen Damen“.
1983 setzten dann in Sendenhorst erste Überlegungen ein, auch im Sendenhorster St. Josef-Stift eine solche Gruppe einzurichten. In dieser Zeit gab es zwar eine Grün-dungswelle solcher Krankenhaushilfen, aber eigentlich keine einfach übertragbaren Konzepte. So musste halt ein eigenes Modell her. An dieser ersten Konzeption waren damals Sr. M. Augustini, der damalige Verwaltungsdirektor Alfons Ofenbach und Walburga Stoffers, die damalige Vorsitzende der örtlichen Caritas-Konferenz, beteiligt. Am 15. März 1984 nahmen dann 14 Frauen den Dienst als „Katholische Kranken-haushilfen“ im Sendenhorster St. Josef-Stift auf.
Dass dies Anfang der 80er Jahre in Sendenhorst geschah, dürfte auch mit der Entwicklung des St. Josef-Stiftes vom Allgemeinkrankenhaus hin zu einem orthopädischen und rheumatologischen Kompetenzzentrum für den Nordteil Deutschlands zu tun haben. Diese Entwicklung bracht es mit sich, dass immer mehr bewegungseingeschränkte und ältere Menschen – oft von weit her – nach Sendenhorst kamen.
Welche Bedeutung der freundliche Empfang durch die Krankenhaushilfen für die an-kommenden Patienten hat, Annette Mertens – seit 1986 bei den Krankenhaushilfen dabei – hat es einmal so ausgedrückt:
„Lächeln ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen. Wir warten nicht, bis wir gefragt werden, sondern gehen aktiv und freundlich auf die Menschen zu. ‚Wie können wir Ihnen helfen?‘ Meist ist das Eis dann schnell gebrochen. Wir haben immer versucht, den Patienten und dem Haus eine Hilfe zu sein. Das schönste Erlebnis war für mich, als mir eine Patientin um den Hals fiel: Ein Taxifahrer hatte sie mit allen Gepäckstücken einfach abgesetzt. Sie fühlte sich ziemlich verloren – bis sie Kontakt mit den Krankenhaushilfen hatte.“
Die Krankenhaushilfe war zunächst nur an zwei Tagen in der Woche im St. Josef-Stift anwesend, da man damals auch nur zwei Mal in der Woche neue Patienten aufgenommen hat. Dies ist mittlerweile Geschichte. Mittlerweile beginnt der Dienst der Krankenhaushilfen im St. Josef-Stift an allen Wochentagen um 7.30 Uhr jeweils mit 4-5 Frauen.
Sie nehmen die oft unsicheren neuen Patienten in Empfang, begleiten sie beim „Einchecken“, wie man heute sagen würde, geben viele Informationen zum Krankenhaus, beantworten unzählige Fragen und bringen sie dann noch auf ihre Station. Dieser Empfang soll von Anfang an ein Stück Vertrautheit schaffen und Unsicherheit nehmen. Das ist ein wichtiger Dienst für die Menschen, aber auch ein wichtiger Dienst für das Krankenhaus.
Dieser Dienst hat im Laufe der Zeit immer wieder Veränderungen erfahren. Der mit dem Begrüßungsdienst bei der Patientenaufnahme verbundene Besuchsdienst am Krankenbett hat angesichts der immer kürzer werdenden Aufenthaltszeiten an Bedeutung verloren. Die als Erkennungszeichen gedachten weißen Kittel (über deren Chic man sich schon in den achtziger Jahren beklagt hat) ist einem modischen Schal gewichen. 2012 wurde im Zeichen der Ökumene aus der „Katholischen Krankenhaushil-fe“ die „Christliche Krankenhaushilfe“. Die Grundidee blieb aber immer gleich. Wir haben hier ein Ehrenamt vor uns, das in seinem tiefsten Inneren vom christlichen Menschenbild getragen wird – aber auch der Gesellschaft insgesamt einen unschätzbaren Dienst erweist.
Von 1986 bis 2016 hat Annette Mertens die Gruppe geleitet. Sie hat ihre Motivation für diese Arbeit mit einem Spruch von Meister Ekkehart beschrieben:
„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart.
Der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir jetzt gegenübersteht.
Das notwendigste Werk ist immer die Liebe."
Bis 2019 hat Annette Mertens noch ihre Dienste versehen. Seit 2016 leitet jetzt Veronika Kunstleben die Gruppe. Der Kreis umfasst aktuell 34 ehrenamtlich tätige Frauen.
In öffentlicher Anerkennung dieses Engagements für das Gemeinwohl, als Dank für die in 36 Jahren geleistete Arbeit und als Bestärkung für ihren weiteren Dienst verleihen wir der Christlichen Krankenhaushilfe im St. Josef-Stift die diesjährige Bernhard-Kleinhans-Plakette.
(Gerd Wilpert)
Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst
Sendenhorst, am 8. März 2020