Preisträger 2008

Aktion "Kinder helfen Kindern" der
Realschule St. Martin, Sendenhorst

 

Text der Laudatio:


„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Mit diesem Satz des Staatsgründers David Ben Gurion macht der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit die heutige Existenz des Staates Israel und seine Gründung vor 60 Jahren zum Thema der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit in Deutschland. Nach zweitausend Jahren der Zerstreuung des jüdischen Volkes in die Diaspora, jahrhundertelanger Verfolgung und dem grauenhaften Unheil der Shoah war am 14. Mai 1948 ein Wunder wahr geworden. Viele Kriege sind aber seitdem in und um Israel geführt worden. So erscheint es als ein weiteres Wunder, dass der junge Staat auch heute noch existiert. „Bei Gott ist kein Ding unmöglich“, heißt es allerdings in der Bibel. Das lässt uns auf das Wunder hoffen, dass eines Tages dauerhafter Frieden im Heiligen Land sein wird, Frieden auch zwischen Israelis und Palästinensern.

Das Wunder „Frieden“ braucht weltweit friedfertige Menschen und deren aktive Friedensbemühungen. Der Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst will dies mit seinen jährlichen Veranstaltungen und seit 2006 in besonderer Weise durch die Verleihung der Bernhard-Kleinhans-Plakette fördern. Beispielhaftes bürgerschaftliches Engagement für Versöhnung, Toleranz und friedliches Miteinander, als Ausdruck von Menschlichkeit und Nächstenliebe, sollen damit ausgezeichnet werden.

Bernhard Kleinhans (*17. April 1926, + 22. Oktober 2004), bedeutender Bildhauer und Ehrenbürger der Stadt Sendenhorst, hat dies selbst vorgelebt. Seine Plastiken sind Symbole für die Beziehung zwischen Mann und Frau, für ein gutes Miteinander der Generationen, für den ehrfürchtigen Umgang des Menschen mit der Schöpfung und für Gottes Heilswirken an uns Menschen durch Jesus Christus. Diese Kunstwerke weisen Bernhard Kleinhans als religiösen Menschen und gläubigen Christen aus.

In Übereinstimmung mit seiner Familie verleiht der Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst die von Basilius Kleinhans gestaltete Bernhard-Kleinhans-Plakette in diesem Jahr an die Aktion „Kinder helfen Kindern“.

Seit 1991 führen Schülerinnen und Schüler der Realschule St. Martin Sendenhorst humanitäre Hilfsaktionen für bedürftige Kinder und Familien in Südosteuropa durch. Zunächst für ein Waisenhaus in Lemberg, in der Ukraine, seit 1994 für bedürftige Waisenkinder, Familien und soziale Einrichtungen in Baia Mare in Rumänien. In Zusammenarbeit mit dem Malteser-Hilfsdienst Warendorf unterstützt „Kinder helfen Kindern“ dort zahlreiche Projekte: ein Altenheim, ein Waisenhaus, ein Frauenhaus, ein Kinderkrankenhaus, eine Schule, eine Sozialküche sowie Projekte der Familienhilfe. In jährlichen Spendenaktionen tragen die Schülerinnen und Schüler der Realschule Kleiderspenden, Schuhe, Bettwäsche, Haushalts- und Handwerksgeräte, Schulbedarf, Sportgeräte und natürlich Spielsachen und Vieles mehr sowie Geldspenden zusammen. Spendenaufrufe in den Lokalzeitungen, in Elternbriefen der Schule und durch persönliche Ansprache haben bereits zu 35 festen Familienpatenschaften geführt, die monatlich 10 Euro auf ein Spendenkonto einzahlen.

Die Familienhilfe geht in Baia Mare an über 100 arme Familien, die oft in menschen-unwürdigen Behausungen leben und betteln müssen: Rumänien gilt heute als „Armenhaus“ Europas mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen der Menschen. Nach dem II. Weltkrieg lag die rumänische Wirtschaft in Scherben, unter kommunistischer Herrschaft entstand nur zeitweise ein scheinbarer Wohlstand, ganz überwiegend hat die Bevölkerung aber jahrzehntelang unter einem schrecklichen Regime gelitten, von dem sich das Volk erst Ende 1989 durch eine Revolution befreien konnte.

„Kinder helfen Kindern“ will aber nicht einfach nur Geld und Sachspenden transferieren. Die Schüler und Schülerinnen „leben“ ihre jährliche Hilfsaktion. Das gemeinsame Handeln beim Vorbereiten der Aktionen, beim Sortieren und Verpacken der Hilfsgüter an vielen Nachmittagen in der Schulaula, beim Beladen der LKW und einige Male auch schon beim persönlichen Begleiten der Transporte nach Rumänien, ist ihnen besonders wichtig und Ausdruck gemeinsam gelebter Nächstenliebe: So wird Hilfsbereitschaft in der Gemeinschaft der Schule aktualisiert und in besonderen Aktionen und Aktivitäten auch für die Umwelt, für unsere Stadt Sendenhorst und darüber hinaus, sichtbar gelebt – sie ist gutes Markenzeichen der Schule und ein wertvolles ethisches Grundmotiv, das zur Nachahmung anspornen kann.
Die Hilfsaktion ist zunehmend auf eine nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe angelegt. So konnten bereits zwei verfallene Bauernhöfe wieder hergerichtet werden. Für rund 10 Familien wurden schon Kühe und Hühner gekauft, was den Familien bereits nach wenigen Wochen ermöglichte, Milch, Butter, Käse und Eier auf dem Wochenmarkt anzubieten und von dem Erlös andere Lebensmittel und Güter für ihren Lebensunterhalt zu kaufen.

Die Schülerschaft der Realschule St. Martin wird von zahlreichen Eltern, anderen Bürgerinnen und Bürgern, den Maltesern, verschiedenen Vereinen, der Wirtschaft, den Kirchen, der Realschule St. Martin selbst und besonders von Herrn Hermann-Josef Lewentz, pensionierter, früherer Lehrer der Realschule, unterstützt, der die Hilfsaktion begründet hat und Jahr für Jahr neu entfacht. Immer wieder hat er die Hilfstransporte persönlich begleitet. In einem seiner Berichte schreibt er: „Wir haben in Baia Mare 13köpfige Familien angetroffen, die in einem zwölf Quadratmeter großen Raum leben und schlafen müssen. Wir trafen Familien mit acht Kindern, wo der Vater seit vielen Jahren arbeitslos und außerdem todkrank ist. Wir sahen Straßenkinder, die im Müll nach weggeworfenem Essen suchen.“

Die Hilfsaktion „Kinder helfen Kindern“ nimmt sich dieser bedürftigen Menschen an, leistet unmittelbare humanitäre Hilfe und hilft ihnen, sich selbst zu helfen. „Wir dürfen Armen keine Fische geben. Sie brauchen Angelruten, um das Fischen zu lernen! Wir werden die Jugend nicht ruhig halten können, wenn wir ihr keine Arbeit geben“, sagt Stef Wertheimer, israelischer Unternehmer, der in diesem Jahr mit der „Buber-Rosenzweig-Medaille“ ausgezeichnet wird. Ganz im Sinne seiner Überzeugung von der Notwendigkeit, auch den Palästinensern auskömmliche Lebensgrundlagen zu verschaffen, als Voraussetzung für einen nachhaltigen Frieden im Nahen Osten, leistet die Hilfsaktion der Schülerinnen und Schüler an der Realschule St. Martin einen unersetzlichen Beitrag zur Gerechtigkeit und zum Frieden in Europa. Dieser Friedensdienst kommt direkt bei den bedürftigen Menschen an. Er ist aber auch deshalb so besonders wertvoll, weil er freiwillig von jungen, heranwachsenden Menschen geleistet wird, deren eigene Persönlichkeitsentwicklung prägt und sie Vorbild sein lässt für immer wieder neue Friedensstifter an der Realschule St. Martin.

Dieses vorbildliche soziale Handeln aus religiöser Nächstenliebe würdigt der Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst mit der Verleihung der Bernhard-Kleinhans-Plakette. Zusammen mit einem Geldbetrag von 250 Euro sei sie Anerkennung für das Geleistete sowie Ansporn und Vorbild, immer wieder für Frieden und Humanität einzutreten. Auf das weitere Wunder geschehen mögen!


Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit
Sendenhorst, am 2. März 2008