Preisträger 2022

Sendenhorster Pfadfinderstämme der DPSG und der PSG

Text der Laudatio:

seit 2006 verleiht der Verein „Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst e.V.“ eine Plakette, entsprechend seiner Satzung „als öffentliche Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement für Versöhnung, Toleranz und ein friedliches Miteinander“. Die Plakette ist benannt nach dem Bildhauer und Sendenhorster Ehrenbürger Bernhard Kleinhans. Gestaltet wird sie als Unikat von seinem Sohn Basilius Kleinhans, dem wir bei dieser Gele-genheit wieder einmal ganz herzlich für seine Unterstützung danken.

In den zurückliegenden Jahren wurde bereits eine Vielfalt von einzelnen Personen, von Gruppen, Verbänden und Initiativen ausgezeichnet. Wir erinnern an die Empfänger der bisher verliehenen Plaketten: Die Tschernobyl-Aktion Albersloh, der Deutsch-Ausländische Freundeskreis, die Aktion „Kinder helfen Kindern“, Bischof Martin Happe, die Schulpartnerschaft der Realschule St. Martin, das Ehepaar Book, die Aktion „Nyang´oma“, die Kindergruppe Sendenhorst, die Aktion „Freiwilliges Soziales Jahr“, die Laumann Stiftung, Herrn Hans Pollok, das Drensteinfurter Ehepaar Omland, die Aktion „Beweggründe“, das Albersloher Sozialzentrum „Gasthof Fels“, die Christliche Krankenhaushilfe im St. Josef-Stift und den Förderverein „Haus Siekmann“.

Und nun: Wer wird in diesem Jahr geehrt?
Wir haben jetzt zwei Jahre Pandemie mit mehr oder weniger gravierenden Einschränkungen hinter uns. Besonders Eltern waren stark gefordert in ihrem Bemühen, schulischen Erfolg zu sichern und sonstigen Schaden von ihren Kindern abzuwenden. Trotz allem Bemühen von Eltern ist eine Frage offengeblieben: Was macht es eigentlich mit Kindern und Jugendlichen, wenn sie von heute auf morgen von ihren sozialen Kontakten zu Gleichaltrigen abgeschnitten werden? Welche Folgen hat es für sie, wenn der Bewegungsradius auf das elterliche Zuhause eingeschränkt wird. Auch wenn es manchmal lange her ist, werden sich vielleicht noch viele Erwachsene an die Zeit erinnern, als man selbst 13, 15 oder 16 Jahre alt war. Für die allermeisten von uns wird es in diesem Alter erheblich wichtigere Dinge im Leben gegeben haben, als die Abende und Wochenenden gemeinsam mit den Eltern zu verbringen. Und es sicher unbestritten, wie wichtig diese probierenden, zunehmend selbstständigen und selbstverantworteten Schritte mit Gleichaltrigen auf dem Weg zum erwachsenen Menschen sind.

In den Diskussionen im Arbeitskreis zur Woche der Brüderlichkeit über einen möglichen neuen Preisträger kamen dann schnell Initiativen und Gruppen in den Blick, die gerade auch in Pandemiezeiten effektiv gegen diese soziale Isolierung von Kindern und Jugendlichen angegangen sind. Mehrere gute Initiativen kamen in Frage. Eine Gruppe ist uns aber besonders aufgefallen: Die Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Sendenhorst.

Die Gründung des DPSG-Pfadfinderstammes in Sendenhorst liegt schon mehr als 60 Jahre zurück. 1960 haben Heinz Bäcker und Otto Hesker die Initiative ergriffen. Das erste Pfadfindergelände war der große Garten der Familie Untiedt am Westtor – in direkter Nachbarschaft zum Haus der Familie Kleinhans. Hier wurden die ersten Hütten gebaut und Gruppenstunden am Samstagnachmittag organisiert. 1965 kam dann durch die Initiative von Hannelore Bäcker und Christa Everts die PSG, die „Pfadfinderinnenschaft St. Georg“, als besonderes Angebot für die Mädchen dazu. Deren Gruppenstunden fanden zunächst im Jugendheim an der Kirche statt. Ungeachtet aller Diskussionen um Koedukation – und obwohl sich die DPSG in Deutschland heute als Angebot für Jungen und Mädchen versteht – ist es bei diesen beiden Pfadfinderorganisationen in Sendenhorst bis heute geblieben. Die allermeisten Projekte werden heute gemeinsam angegangen. Ungeachtet dessen schätzt man aber die Gelegenheiten, auch einmal unter sich sein zu können.

Ein letzter wichtiger Punkt in der Geschichte der Pfadfinder in Sendenhorst: Mit unendlicher Eigenleistung und Unterstützung der Stadt wurde ein neues gemeinsames Pfadfindergelände auf einer feuchten Wiese am Garrath geschaffen: das „Geisterholz“ mit seinen Hütten für die unterschiedlichen Altersstufen der Pfadfinderinnen und Pfadfinder. Die allermeisten der Anwesenden dürften dort bereits gewesen sein und kennen die Einrichtungen, die nach und nach dazugekommen sind: den Zeltplatz, das Jugendgästehaus, den beeindruckenden Aussichtsturm über die Landschaft, den Wald. Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder. All diese großen Projekte waren nur möglich, weil sich Mitglieder weit über das Jugendalter hinaus mit der Bewegung identifizieren und weiterhin tatkräftig anpacken.

Es würde den Rahmen dieser Laudatio sprengen, wollte man die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder und deren Bedeutung umfassend schildern. Daher sollen hier drei Aspekte herausgestellt werden, die für die Preisverleihung von besonderer Relevanz waren.

Die Gruppenstunden und die übrigen Initiativen der DPSG und der PSG bieten Raum für die Kinder und Jugendlichen, eigene Ideen einzubringen, Mitbestimmung und gemeinsame Realisierung zu lernen und zu erleben. Es wird gespielt, und es werden Projekte wie zum Beispiel der Bau eines Baumhauses, von Seifenkisten, einer eigenen Hütte, oder die Erstellung eines eigenen Rezeptbuchs angegangen. Besonders gewürdigt werden soll hier das erfolgreiche Bemühen, diese Arbeit auch in Pandemiezeiten fortzuführen. Hierzu hat man „digital aufgerüstet“ und so z.B. mit Hilfe des Internets einen großen Wettbewerb, genannt „Osterchallenge“ realisiert. Aber wo immer es möglich war, hat man auch an Präsenzveranstaltungen festgehalten. So wurde ein gemeinsames Sommerlager in der Heimat realisiert, aufgeteilt in kleineren Gruppen, um die Corona-Auflagen zu erfüllen. Sogar eine neue Hütte wurde in dieser Zeit neu gebaut. Das coronakonforme Prinzip war, dass sich immer nur zwei Personen gleichzeitig auf der Baustelle befanden. Die Bedeutung dieses Engagements gegen die Isolierung in der Pandemie lässt sich gar nicht hoch genug bewerten.

Die Pfadfinderschaft ist international ausgerichtet mit dem Ziel der Völkerverständigung und der tatkräftigen Hilfe in Ländern mit schwierigeren Lebensbedingungen. Sendenhorster Pfandfinderinnen und Pfadfinder fuhren zu internationalen Pfadfinderbegegnungen u.a. in Luxemburg, Rom und Norwegen. Sie haben sich vor Ort u.a. für ein Entwicklungsprojekt im westafrikanischen Obervolta engagiert. Diese persönlichen Begegnungen machen widerstandsfähig gegen nationalistische rechte Parolen und Denkweisen. Ein herausragendes Projekt ist das Friedenslicht aus Bethlehem. Jedes Jahr zu Weihnachten wird dieses Licht von Betlehem in die ganze Welt und auch bis in die Häuser in Sendenhorst gebracht. Wie wichtig dieser zeichenhafte Einsatz für den Frieden in der Welt ist, wird uns allen in diesen Tagen des Krieges in der Ukraine besonders bewusst. Die neue Plakette zeigt einen Knoten. Diese spielen in Zeltlagern der Pfadfinderinnen und Pfadfinder eine wichtige Rolle. Daneben ist der Knoten aber auch ein starkes Symbol für das Miteinander und den Zusammenhalt in der Welt.

Neben den aktuellen Kriegsnachrichten gerät eine vielleicht noch entscheidendere Schicksalsfrage der Menschheit heute etwas aus dem Blick. Wier müssen zügig einschreiten, um die drohende Klimakatastrophe noch zu verhindern oder zumindest abzumildern. Christlich fundierter Einsatz für die Schöpfung, naturnahe Freizeitgestaltung und der daraus resultierende Einsatz für Umwelt und Naturschutz ist ein Kernanliegen der Pfadfinderschaft. Gerade auch in Sendenhorst gibt es u.a. mit den riesigen Baum-pflanzaktionen, dem Sammeln von Christbäumen und Altpapier über viele Jahre eindrucksvolle Beispiele.

Diese wenigen Aspekte zeigen, wie wichtig die Arbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder für unsere Stadt ist. Als Pfadfinder leben sie täglich nach dem Motto ihres internationalen Gründers Lord Baden-Powell: „Versucht die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.“

In öffentlicher Anerkennung dieses Engagements für die Jungen und Mädchen und das Gemeinwohl, als Dank für die in über Jahren geleistete Arbeit und als Bestärkung für ihr weiteres Engagement verleihen wir der DPSG und der PSG in Sendenhorst die diesjährige Bernhard-Kleinhans-Plakette.
(Gerd Wilpert)

Arbeitskreis Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst
Sendenhorst, am 6. März 2022